Nitratprogramm 2021-2026

Neue Massnahmen zum Schutz des Grundwassers in Niederbipp: Erweiterung des Solothurnischen Nitratprojektes Gäu – Olten nach Niederbipp

Der Kanton Solothurn führt mit Unterstützung des Bundes seit dem Jahr 2000 das Nitratprojekt Gäu - Olten durch. Ziel des Projektes ist, die Nitratwerte in allen Trinkwasserfassungen im Projektperimeter dauerhaft auf das in der Gewässerschutzgesetzgebung verankerte Qualitätsziel von 25 mg/L zu senken. Ursache für die Nitratbelastung im Grundwasser der Region ist die intensive Landwirtschaft. Das Grundwasservorkommen im Gäu ist das zweitgrösste im Kanton Solothurn und auch für die Trinkwasserbeschaffung der WABI AG von grosser Bedeutung.

Der Projektperimeter umfasst heute im Kanton Solothurn 1144 ha landwirtschaftliche Nutzfläche, davon werden rund 1040 ha nach den Vorgaben des Nitratprojekts bewirtschaftet. Rund 90 Landwirte verpflichten sich auf freiwilliger Basis zu einer nitratarmen Bewirtschaftung und nehmen so ihre Verantwortung für gutes Trinkwasser wahr. Es handelt sich um das grösste derartige Projekt in der Schweiz. Die Zusammenarbeit zwischen Wasserversorgungen, Landwirtschaft und Verwaltung ist vorbildlich.

Dafür werden heute im Projektperimeter Gäu – Olten zwei Massnahmen umgesetzt: Stilllegung von Ackerland sowie «nitratarmer» Ackerbau nach den Vorgaben des sogenannten Nitratindexes. Dieser Index gibt unter anderem eine grundwasserverträgliche Fruchtfolge im Ackerbau vor, fördert die Winterbegrünung der Ackerflächen und reduziert den Anbau von für das Grundwasser besonders problematischen Kulturen.

Seit dem Jahr 2000 konnten die umgesetzten Massnahmen zwar einen weiteren Anstieg der Nitratwerte verhindern, führten bis anhin aber namentlich in der im westlichen Projektperimeter gelegenen regionalen Trinkwasserfassung „Grundwasserpumpwerk Neufeld“ in Neuendorf zu keiner signifikanten Reduktion der Nitratwerte. Der Kanton Solothurn führte in den letzten Jahren deshalb umfangreiche hydrogeologische Untersuchungen durch, um die Vorgänge im Grundwasservorkommen besser zu verstehen. Diese zeigten, dass die hohen Verweilzeiten des Grundwassers von ca. 20 Jahren keine raschen Erfolge zulassen. Zudem ist die Verdünnung mit nitratarmen Zuflüssen aus der Dünnern und dem Jura geringer als erwartet und die Nitrateinträge ins Grundwasser sind trotz umgesetzter Massnahmen aber nach wie vor zu hoch. Daher müssen die Anstrengungen in der Landwirtschaft weiter verstärkt werden.

Neues Nitratprojekt Niederbipp – Gäu – Olten: Bilanzierungen des Amtes für Umwelt des Kantons Solothurn und der Universität Neuchâtel haben ergeben, dass bis zu 40 % der Nitratfracht im „Grundwasserpumpwerk Neufeld“ in Neuendorf aus dem Raum Niederbipp stammt. Deshalb soll der Projektperimeter bis nach Niederbipp erweitert werden, damit im ganzen Fassungseinzugsgebiet Massnahmen in der Landwirtschaft zur Verbesserung der Grundwasserqualität umgesetzt werden können. Das Amt für Umwelt des Kantons Solothurn führte im Oktober 2019 eine Probenahmekampagne im Grundwasservorkommen zwischen Niederbipp und Olten durch. Dabei wurden im Raum Niederbipp nachfolgende Werte gemessen:

Nitrat:

Maximalkonzentrationen von effektiv  49 bis 56 mg/L
Qualitätsziel für Grundwasser:   25 mg/L
 Höchstwert für Trinkwasser    40 mg/L

 

Chlorothalonil Sulfonsäure R417888:

Maximalkonzentrationen von effektiv  1.5 – 2.1 µg/L
Grenzwert für Grund- und Trinkwasser 0.1 µg/L

 

Chlorothalonil Sulfonsäure R471811:

Maximalkonzentrationen von effektiv  4.1 – 5.6 µg/L
Grenzwert für Grund- und Trinkwasser 0.1 µg/L

 

Der von den Kantonen Solothurn und Bern definierte Erweiterungsperimeter umfasst in Niederbipp 202 ha, davon 138 ha in der Landwirtschaftszone. Von der Projekterweiterung betroffen sind in Niederbipp rund 30 Landwirtschaftsbetriebe. Vorgesehen ist, dass ab 2021 der erweiterte Projektperimeter ins bestehende Nitratprojekt Gäu - Olten integriert wird und dieselben Massnahmen im Kanton Bern wie im Kanton Solothurn getroffen werden. Das Projekt nennt sich daher neu «Nitratprojekt Niederbipp – Gäu – Olten».

Die Teilnahme am Nitratprojekt ist für die Berner Landwirtschaftsbetriebe in der kommenden 4. Projektphase (2021 – 2026) freiwillig. Der Kanton Bern strebt an, dass bis 2023 mindestens 80 % der Ackerbauflächen im bernischen Projektperimeter am Nitratprojekt beteiligt sind. Bis zum Ende der sechsjährigen Projektphase am 31.12.2026 soll die Beteiligung der Ackerflächen möglichst bei 100 % liegen.

Der Kanton Solothurn strebt ab dem 01.01.2021 eine vollständige Teilnahme aller Ackerbau- und Gemüsebauflächen im solothurnischen Projektperimeter an. Der Kanton Solothurn hält sich vor, die Teilnahme für verpflichtend zu erklären.

Heute werden im Nitratprojekt noch keine Massnahmen im Feldgemüsebau umgesetzt, obschon die Nitratauswaschung heute unter Gemüseflächen anbau- und kulturbedingt besonders hoch ist. Die beiden Kantone sowie das Bundesamt für Landwirtschaft entwickeln zusammen mit den Gemüseproduzenten praxistaugliche und wirksame Massnahmen, um die Nitratauswaschung ins Grundwasser auch im Gemüsebau zu vermindern. In diese Praxisversuche ist auch ein Betrieb in Niederbipp eingebunden. Die Ergebnisse sind vielversprechend: Mit einer angepassten Düngepraxis lässt sich die Nitratauswaschung im Gemüsebau erheblich verringern, ohne dass die Qualität der Produkte darunter leidet. Deshalb sollen im neuen Nitratprojekt „Niederbipp-Gäu-Olten“, auch dank der guten Kooperation mit den lokalen Betrieben, schweizweit erstmals Massnahmen für einen nitratarmen Gemüsebau umgesetzt werden.

Das Amt für Umwelt des Kantons Solothurn erwartet, das künftig die Nitratauswaschung so weit reduziert werden kann, dass langfristig das Qualitätsziel im Gäuer Trinkwasser eingehalten werden kann. Dieses soll mit einer Projekterweiterung, der Einführung von Massnahmen im Gemüsebau sowie weiteren anstehenden Optimierungen im Ackerbau erreicht werden.

Die Ausfallentschädigungen für die Massnahmen der Landwirte werden durch den Bund und die entsprechenden Wasserversorgungen getragen. Die voraussichtlichen Kosten für die WABI AG betragen ab dem Jahr 2021 rund CHF 25’000 pro Jahr.

Die WABI AG bezieht ebenfalls Trinkwasser aus dem Gäu. Dieses Wasser stammt aus dem „Grundwasserpumpwerk Moos“ in Oensingen. Dieses wird als einzige Fassung im Gäu primär von Grundwasser aus dem Jura angeströmt. Deshalb liegen die Nitratwerte in dieser Fassung erfreulicherweise deutlich unter dem Qualitätsziel und auch die Rückstände von Chlorothalonil bewegen sich nur im Bereich des Höchstwertes. Dennoch ist die Verbesserung der Grundwasserqualität im gesamten Grundwasservorkommen zwischen Niederbipp und Olten auch für die WABI AG langfristig sehr wichtig. Denn sollte die Fassung in Oensingen ausfallen, ist die WABI AG auf Wasser aus anderen, heute belasteten Fassungen im Gäu angewiesen. Auch wenn die Leitungen noch nicht bestehen, sind doch Bestrebungen im Gang, dass im Notfall die WABI AG und die Wasserversorgung Oensingen auch Zuschusswasser aus dem Grundwasserpumpwerk Neufeld in Neuendorf beziehen können.
Wir sitzen alle im selben Boot und das Wasser kennt keine Grenzen!

Oberbipp, im Juli 2020

Verwaltungsrat Wasserverbund Bipperamt AG